baobab-Fachtagung 2016

Am 9. Dezem­ber 2016 war es soweit: die Com­mu­ni­ty ver­sam­mel­te sich in Han­no­ver im Kul­tur­zen­trum Pavil­lon, um mit­ein­an­der und mit Ver­tre­te­rIn­nenn aus Poli­tik, NGOs und Medi­zin über „Neue Wege & Per­spek­ti­ven­wech­sel unter dem bao­bab – Für Gesund­heit und Teil­ha­be“ zu dis­ku­tie­ren. Außer­dem war die­se Fach­ta­gung die ers­te gro­ße öffent­li­che Ver­an­stal­tung, bei der das Pro­jekt bao­bab – win (Will­kom­men in Nie­der­sach­sen) vor­ge­stellt wurde.

Die Tagung begann mit der Begrü­ßung durch Régine Aniam­bos­sou vom Vor­stand von bao­bab – zusam­men­sein e.V. Sie hieß alle Anwe­sen­den will­kom­men und gab das Mikro­pho­ne an Hans Hän­ge­lein wei­ter, der als Ver­tre­ter der Nie­der­säch­si­schen Sozi­al­m­in­s­te­rin Cor­ne­lia Rundt, die lei­der einen Ter­min in Ber­lin wahr­neh­men muss­te, ein Gruß­wort des Minis­te­ri­ums über­brach­te. Hier­bei wur­de vor allem der inno­va­ti­ve Ansatz von bao­bab her­vor­ge­ho­ben und gelobt: „bao­bab ver­mit­telt Infor­ma­tio­nen und Wis­sen nicht von oben her­ab. […] Das schafft Ver­trau­en und sorgt außer­dem dafür, dass sich das Netz­werk wei­ter aus­dehnt.“ Für das Minis­te­ri­um ist das Netz­werk ein Schlüs­sel zum Zugang in die Com­mu­ni­ty, und daher begann schon früh eine För­de­rung des „inno­va­ti­ven Projektes“.

Dar­an anschlie­ßend kamen eben­falls Gruß­wor­te von Isa Gross­mann, stellv. Fach­be­reichs­lei­tung Ver­band, Poli­tik & Kom­mu­ni­ka­ti­on, beim AWO Bezirks­ver­band Han­no­ver e. V., bei dem bao­bab kor­po­ra­ti­ves Mit­glied ist. Die AWO hat vom Grund­satz her einen ähn­li­chen Ansatz wie bao­bab: näm­lich die Arbeit von der Basis aus. Bei­de Ver­ei­ne kön­nen sich hier herr­vor­ra­gend ergän­zen zum Vor­teil der Men­schen vor Ort.

Danach ergriff Anja Wes­sel-Jor­i­ßen, Geschäfts­stel­len­lei­tung, vom Unter­stüt­zer­kreis Flucht­lings­un­ter­kunfte Han­no­ver e. V., mit dem bao­bab – zusam­men­sein eng koope­riert, das Wort.

Dr. Chris­tos Pan­ta­zis, Spre­cher für Migra­ti­on und Teil­ha­be der SPD-Frak­ti­on im Nds. Land­tag sprach in sei­nem Refe­rat über „Gesund­heits­po­li­tik für Flücht­lin­ge“ und beton­te die absol­tu­te Not­wen­dig­keit, dass auch Migran­tIn­nen und Schutz­su­chen­de ohne Pro­ble­me an der Gesund­heits­ver­sor­ung und ‑vor­sor­ge teil­ha­ben kön­nen, wie dem zur Zeit noch poli­ti­sche Gren­zen gesetzt sind und wie in Nie­der­sach­sen ver­sucht wird, durch Modell­pro­jek­te eine Ver­bes­se­rung her­bei­zu­füh­ren, sodass z.B. Men­schen ohne gesi­cher­ten Auf­ent­halts­sta­tus eine ärzt­li­che Ver­sor­gung erhal­ten, ohne befürch­ten zu müs­sen, anschlie­ßend abge­scho­ben zu wer­den. (Prä­sen­ta­ti­on als PDF)

Damit waren inhalt­lich auch schon ganz stark Tei­le der Pro­ble­me der afri­ka­ni­schen Com­mu­ni­ty in Nie­der­sach­sen ange­spro­chen, und es wur­de für Kass Kasa­di Zeit, in sei­nem Vor­trag das bao­bab-Pro­jekt WIN vor­zu­stel­len: „Par­ti­zi­pa­ti­ve Gesund­heits­för­de­rung und Teil­ha­be der Sub­sa­ha­ra-Com­mu­ni­ty“. (Prä­sen­ta­ti­on als PDF)

Ergän­zend dazu zeig­te anschlie­ßend Mar­cus Wäch­ter-Raquet, Fach­re­fe­rent für Migra­ti­on, Lan­des­ver­ei­ni­gung für Gesund­heit und Aka­de­mie für Sozi­al­me­di­zin, wie ein tra­di­ti­ons­rei­cher Ver­ein, der natür­lich auch einen ganz ande­ren Ansatz und eine ande­re Ver­an­ke­rung hat als bao­bab, das Pro­blem der Fehl­kom­mu­ni­ka­ti­on zu behe­ben ver­sucht. (Prä­sen­ta­ti­on als PDF)

Dar­an anschlie­ßend gab es den Per­spek­tiv­wech­sel: nicht eine Orga­ni­sa­ti­on berich­tet dar­über, wie die mit Migran­tIn­nen umgeht und wel­che Pro­ble­me sie dabei sieht. Patri­cia Nko­ma­ne, Com­mu­ni­ty-Akti­vis­tin aus Kame­run und Stu­den­tin an der Leib­niz Uni­ver­si­tät Han­no­ver, erzähl­te aus ihrer Sicht von den Pro­ble­men, Wün­schen und Träu­men, die sie in der Mehr­heits­ge­sell­schaft hat.

Mit die­sen Gedan­ken ging es dann in die Mit­tags­pau­se. Aus der her­aus es dann mit dem Vor­trag von Prof. Dr. med. Ulrich Bau­mann, Geschäfts­füh­ren­der Oberarzt,
Päd­ia­tri­sche Pneu­mo­lo­gie, All­er­go­lo­gie und Neo­na­to­lo­gie, Medi­zi­ni­sche Hoch­schu­le Han­no­ver wei­ter­ging. Es schil­der­te in sei­nem Vor­trag „Die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung von Migran­tIn­nen-Kin­dern und ‑Jugend­li­chen an der MHH“ den Fall „Michel­le“: Ein HIV-posi­ti­ves Kind aus Gabun, dem er nicht so hel­fen konn­te, wie er es aus medi­zi­nisch-ethi­scher Sicht hät­te tun wol­len. Über das „War­um“ denkt er seit Jah­ren nach und ist unter ande­rem durch die Erfah­run­gen der letz­ten Mona­te zu dem Schluss gekom­men, dass die Her­an­ge­hens­wei­se eines Netz­wer­kes wie bao­bab die Behand­lung Michel­les deut­lich ver­bes­sert hät­te, denn die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­me, die es ganz offen­sicht­lich gab, hät­ten effek­tiv besei­tigt wer­den können.

Dazu passt dann auch der Bericht von Nadè­ge Ntom­ba­ni, bao­bab-Regio­nal­ko­or­di­na­to­rin Olden­burg, die in ihrem Pra­xis­bei­spiel von der ganz­heit­li­chen Beglei­tung im Olden­bur­ger Raum berich­te­te. Unter ande­rem schil­der­te sie den Fall eines Pati­en­ten mit einer sehr gerin­gen The­ra­pie­treue, der aber doch noch dazu bewo­gen wer­den konn­te, die The­ra­pie kose­quent durchzuhalten.

Anschlie­ßend kam mit Musa Moha­med, Geflüch­te­ter aus dem Sudan, erneut eine Stim­me aus der Com­mu­ni­ty zu Wort. Und auch der mus­ka­li­sche Bei­trag von Koro Boni zeig­te deut­lich, wie sich die Men­schen in der Com­mu­ni­ty mit ihrer Situa­ti­on auseinandersetzen.

Zum Abschluss der Vor­trä­ge wur­de es noch ein­mal ein wenig stei­fer und wis­sen­schaft­li­cher, als Thors­ten Mül­ler von MSD erläu­ter­te, wie sich im Ver­lauf der letz­ten Jah­re die The­ra­pie­for­men und Medi­ka­ti­on bei HIV-Pati­en­ten deut­lich ver­bes­ser­te hat, und somit auch ein deut­li­cher Bei­trag geleis­tet wer­den konn­te, The­ra­pie­treue zu errei­chen: zwar müs­sen Medi­ka­men­te ein­ge­nom­men wer­den, aber die Zahl der Tablet­ten ist enorm zurück­ge­gan­gen, was natür­lich die Hand­ha­bung vereinfacht.

Nun lag es an Kass Kasa­di, den Tag und die Arbeit von bao­bab zusam­men­zu­fas­sen und allen Anwe­sen­den und vor allem den vie­len Unter­stüt­ze­rIn­nen in der Com­mu­ni­ty vor Ort zu dan­ken. Das Netz­werk bao­bab wächst, die Idee der Teil­ha­be wächst. Das zeig­te sich auch an den Anwe­sen­den, 140 Per­so­nen aus 26 Land­krei­sen in Nie­der­sa­chen, aus Bre­men und Bre­mer­ha­ven sowie Berlin.