baobab – zusammensein setzt mit dem Projekt „Ngola“ den Schwerpunkt darauf, sich mit den schwerwiegenden Folgen der weiblichen Genitalverstümmelung (engl. Female Genital Mutilation = FGM) auseinanderzusetzen. Mit der zunehmenden Migration ist das Problem auch in Niedersachsen angekommen. Laut Terre des Femmes leben in Niedersachsen ca. 5200 Frauen, die Opfer von FGM sind, und ca. 1700 Mädchen, die von FGM bedroht sind [1], was einem Anteil von nahezu 50 Prozent der in Niedersachsen lebenden Afrikanerinnen entspricht [2].
Als Netzwerk für Gesundheit und Teilhabe sind wir mit der Problematik direkt konfrontiert, denn bis jetzt gibt es in Niedersachsen keine Anlaufstelle, an die sich Betroffene oder Gefährdete wenden können.
Die Folgen der massiven Menschenrechtsverletzung für die Frauen und Mädchen sind äußerst vielfältig und reichen nach Feststellung der Bundesärztekammer von akuten über chronische somatische Komplikationen bis hin zu psychischen, psychosomatischen Folgen [3].
Für das langfristige Ziel, den Frauen Mittel und Wege aufzuzeigen, ein erfolgreiches, eigenverantwortliches Leben zu führen, streben wir an, betroffenen Frauen, Jugendlichen und Kindern Möglichkeiten aufzuzeigen, mit der traumatischen Erfahrung umzugehen. Eine solche Möglichkeit ist, dass die Betroffenen für sich und andere Verantwortung übernehmen, indem sie zu Mobilen FGM-Präventionist*innen werden. Ehemalige Beratungssuchende werden Beratende – als Multiplikator*innen innerhalb der Communities
Zu diesem Zweck werden in 2022 fünf Schulungen an vier Standorten (Osnabrück, Wittmund, Hannover, Salzgitter) durchgeführt, bei denen die FGM-Präventionist*innen u.a. durch Ärzt*innen geschult werden. Mit diesem Wissen wiederum wirken die FGM-Präventionist*innen in die afrikanischen Communities in Niedersachsen hinein. Vorteil hierbei ist, dass diese Personen zum einen selber betroffen sind, viele der FGM-Folgen also am eigenen Körper erleben, und sie können die folgenden Veranstaltungen communitygerecht gestalten.
Im ersten Fokus stehen also zunächst Frauen aus Selbsthilfegruppen, die durch Ärzt*innen und Fachpersonal über die weitreichenden Folgen von FGM geschult werden. Wie man an der Tabelle oben sehen kann, sind manche Folgen offensichtlich und am eigenen Körper ablesbar, doch manche der Folgen erschließen sich eher indirekt, müssen aber trotzdem in diesem Kontext gesehen werden. Hier sollen die FGM-Präventionist*innen sensibilisiert werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung des erworbenen Wissens an die Betroffenen im zweiten Schritt auch unter dem Aspekt, dass es bei diesen Schulungen nicht darum geht, dass die FGM-Präventionist*innen medizinische oder psychologische Beratungen vornehmen sollen, sondern einfache Beratungen vorzunehmen und an entsprechendes Fachpersonal weitervermitteln zu können. Im zweiten Fokus gehen die nun geschulten FGM-Präventionist*innen in die afrikanischen Communities in Niedersachsen, um dort wiederum Betroffenen Mittel und Wege aufzuzeigen, mit den Komplikationen und Folgen von FGM umzugehen. Somit wird zunächst der Kreis der Selbsthilfegruppen verlassen, um anschließend die Selbsthilfegruppen zu stärken.
Ngola wird durch die AOK – Die Gesundheitskasse für Niedersachsen gefördert.
[1] Dunkelzifferstatistik von Terre des Femmes (www.frauenrechte.de/images/downloads/fgm/TDF_Dunkelzifferstatistik-2020-mit-Bundeslaender.pdf)
[2] www.statistik.niedersachsen.de/startseite/
[3] www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Empfehlungen/2016–04_Empfehlungen-zum-Umgang-mit-Patientinnen-nach-weiblicher-Genitalverstuemmelung.pdf